Anlagestrategie
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Die Spannungen im Nahen Osten eskalierten am Wochenende, als der Iran einen Vergeltungsangriff auf Israel startete. Auch wenn es in Zeiten wie diesen schwerfällt: Unsere Aufgabe als Investoren besteht darin, die möglichen Konsequenzen des Konflikts für die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte abzuschätzen und dann zu entscheiden, ob wir unsere Portfolioberatung ändern müssen.
Das Fazit: Die Risiken sind höher als vor diesem Wochenende, doch bisher beeinträchtigen die Ereignisse unsere konstruktive Einschätzung für das kommende Jahr nicht. Es könnte zu Volatilität kommen, während die Anleger auf weitere Informationen warten, aber unserer Meinung nach scheint die Art der bisher ergriffenen Maßnahmen darauf ausgerichtet zu sein, eine erhebliche Eskalation zu vermeiden.
Auch die Marktreaktion war zum heutigen Handelsbeginn verhalten.
Es wäre nicht das erste Mal, dass geopolitische Unruhen zu Marktturbulenzen führen. Letztlich hat es sich in zahllosen geopolitischen Krisen, Kriegen, Pandemien und Rezessionen immer ausgezahlt, in ein diversifiziertes und zielorientiertes Portfolio zu investieren – und das sollte aus unserer Sicht auch weiterhin gelten.
Heute gehen wir näher auf die jüngsten Ereignisse ein.
Der Iran hat am Wochenende als Vergeltungsmaßnahme einen großen Drohnen- und Raketenangriff auf Israel durchgeführt. Fast alle Geschosse wurden abgefangen bevor sie den israelischen Luftraum erreichten, auch dank der gemeinsamen Hilfe der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Jordaniens.
Der Vorfall markiert zwar eine klare Eskalation der Spannungen in der Region, doch ist anzumerken, dass der iranische Angriff offenbar darauf ausgelegt war, eine weitere Eskalation zu vermeiden. Zugleich sollte er die Entschlossenheit des Irans demonstrieren. Das Weiße Haus und europäische Politiker forderten Israel zur Zurückhaltung auf. US-Präsident Biden hat Berichten zufolge gegenüber dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu betont, dass die USA keinerlei Angriffsoperationen gegen den Iran unterstützen werden.
Insgesamt ist der geopolitische Hintergrund weiterhin ungewiss und mit höheren Risiken verbunden als zuvor, aber bislang spricht einiges gegen einen größeren Konflikt.
Da der Iran erklärt hat, dass die Angelegenheit als erledigt betrachtet werden könne, scheint sich die Nervosität vorerst gelegt zu haben. Dennoch blickt die Welt nun gespannt auf die Reaktion Israels. Falls Israel die Lage nicht eskalieren lässt und der Konflikt unter Kontrolle bleibt, werden die globalen Anlegerinnen und Anleger wahrscheinlich zum Status Quo zurückkehren. Damit bliebe der Konjunkturzyklus die treibende Kraft und die Geopolitik wäre als Extremrisiko einzustufen. Sollte sich der Konflikt allerdings zu einem größeren geoökonomischen Krisenherd entwickeln (insbesondere durch die Beteiligung weiterer Parteien oder die Schließung der Straße von Hormus), ist eine sorgfältigere Analyse erforderlich.
Dazu beobachten wir drei Hauptaspekte: 1) die Auswirkungen auf den Rohstoffsektor, 2) die Auswirkungen auf die Wirtschaft (insbesondere die Inflation) und 3) die Folgewirkungen auf die Kursbewegungen.
1) Auswirkungen auf den Rohstoffsektor. Das Wesentliche: Der Iran selbst ist zwar ein kleinerer Öllieferant, doch das Potenzial für ein Übergreifen des Konflikts auf die weitere Region bzw. eine Unterbrechung wichtiger Transitrouten wie der Straße von Hormus birgt größere Risiken. Einige dieser Risiken dürften sich in den nächsten Monaten in Form einer geopolitischen Risikoprämie in den Ölpreisen widerspiegeln. Nach unserer Einschätzung müsste es jedoch zu einer erheblichen Eskalation kommen, um einen deutlichen Preisanstieg von derzeit 90 US-Dollar je Barrel auf die Höchststände von 125 US-Dollar je Barrel im Jahr 2022 zu verzeichnen.
Zwei Risiken stechen jedoch besonders hervor:
Beide Risiken erscheinen uns derzeit unter Kontrolle. Die USA lehnen eine israelische Gegenoffensive eindeutig ab, was die Gefahr von Vergeltungsschlägen und einer Eskalation verringern dürfte. Auch die Tatsache, dass der Iran selbst auf die Straße von Hormus angewiesen ist, macht eine Sperrung weniger wahrscheinlich – diese hätte schwerwiegende Folgen für die ohnehin schwächelnde Wirtschaft des Landes, ebenso wie für die arabischen Golfstaaten insgesamt und China (den größten Handelspartner des Irans).
Wenn es zu beträchtlichen Ausfällen kommen sollte, sei darauf hingewiesen, dass derartige Ereignisse einige Ölproduzenten (vor allem in den USA) vermutlich dazu veranlassen würden, zusätzliche Fördermengen bereitzustellen. Dadurch könnten einige der Auswirkungen, aber bei weitem nicht alle, abgemildert werden. Höhere Preise würden die Verbraucherinnen und Verbraucher ebenfalls abschrecken und zu einem Nachfrageeinbruch führen – Anzeichen dafür konnten wir bereits beobachten, als der Ölpreis Ende Januar zulegte. In ihrer Gesamtheit könnten diese Dynamiken einem geopolitisch bedingten Preisauftrieb teilweise entgegenwirken.
2) Auswirkungen auf die Wirtschaft – insbesondere die Inflation. Die nächste logische Frage ist, wie sich ein Anstieg der Energiekosten auf die Inflation auswirken könnte. Darüber hinaus ergibt sich eine zusätzliche Dimension für die Geldpolitik, da bereits über Zinssenkungen der Zentralbanken diskutiert wird.
Aus unserer jüngsten Inflationsanalyse geht hervor, dass sich die Auswirkungen höherer Energiekosten auf die Verbraucherpreise in den einzelnen Regionen unterschiedlich bemerkbar machen. In Nordamerika, wo die Volkswirtschaften inzwischen überwiegend energieunabhängig sind, scheinen die potenziellen Effekte weniger gravierend zu sein. Unsere Analyse, die auf Daten bis ins Jahr 2000 zurückgreift, kommt zu dem Ergebnis, dass ein Sprung der Ölpreise auf ihren Höchststand von 125 US-Dollar/Barrel einen Inflationsanstieg im „Nicht-Energiebereich“ von weniger als 1 Prozentpunkt zur Folge hätte. Was das Wachstum betrifft, könnte es zudem von Vorteil sein, dass die USA weniger energieintensiv sind als früher: Im Vergleich zu den frühen 1970er Jahren benötigt die US-Wirtschaft heute über 70% weniger Öl, um eine Einheit des BIP zu erzeugen. In Europa wären die Auswirkungen auf Inflation und Wachstum wahrscheinlich größer.
Neben den Energiepreisen könnten Beeinträchtigungen der globalen Lieferketten über die Straße von Hormus auch den Druck auf die Güterpreise erhöhen, welche im Laufe des letzten Jahres gesunken sind. Denn die Unternehmen würden sicherlich versuchen, die gestiegenen Inputkosten (wie Versand- und Luftfrachttarife) weiterzugeben.
Die Zentralbanken müssten derartige Aufwärtsrisiken bei der Inflation gegen die potenzielle Beeinträchtigung des Wachstums abwägen. Das wäre kein leichtes Unterfangen, aber solange es nicht zu einer echten Trendumkehr der rückläufigen Inflationsentwicklung kommt, glauben wir nicht, dass die Währungshüter zwangsläufig wieder zu Zinserhöhungen übergehen müssten.
3) Folgewirkungen auf die Kursbewegungen.
Bisher waren die Marktbewegungen verhalten. Dies könnte daran liegen, dass die Schlagzeilen in den Medien am Freitag einen möglichen Angriff vorwegnahmen und die Anleger sich bereits darauf vorbereiteten. Zu Handelsbeginn am Montag haben sich die Ölpreise seit ihrem Anstieg in der letzten Woche auf über 90 US-Dollar je Barrel leicht nach unten bewegt. Die Anleiherenditen sind weitgehend unverändert und europäische Aktien eröffneten sogar im Plus.
Abgesehen von der unmittelbaren Marktreaktion ist es erwähnenswert, dass die Nationen, welche im Mittelpunkt der Ereignisse des letzten Wochenendes standen, nur einen kleinen Teil des globalen Aktienmarktes ausmachen: Auf israelische Aktien entfallen lediglich 0,18% des MSCI All-Country World Index, der Nahe Osten insgesamt liegt bei 1%. Auch scheinen wirtschaftliche Beeinträchtigungen in diesen Ländern allein noch kein Hindernis für die Gewinne zu sein: Die Unternehmen im S&P 500 erzielen lediglich 0,2% ihrer Umsätze in Israel.
Das Risiko besteht natürlich wiederum in einer bedeutenderen Eskalation, die zu Inflationsschwankungen und makroökonomischer Unsicherheit führt und sowohl die Stimmung als auch die Unternehmensinvestitionen in Mitleidenschaft zieht. Die fundamentalen Rahmenbedingungen für Anlegerinnen und Anleger bleiben angesichts der derzeitigen Situation jedoch unverändert.
Investitionsüberlegungen: Für Anleger ist es wichtig, geopolitische Bedrohungen zu berücksichtigen und sich darauf vorzubereiten – ein zentraler Punkt im Jahresbrief unseres CEO Jamie Dimon an die Aktionäre für 2023. Bereits jetzt richten die Volkswirtschaften ihre Lieferketten neu aus und heben die Verteidigungsausgaben an, um ihre Sicherheit zu erhöhen.
Im Hinblick auf die Zukunft hat niemand eine Kristallkugel. Aus der Geschichte wissen wir jedoch, wie man mit Ereignissen wie diesen umgeht. Laut der wegweisenden Arbeit von Michael Cembalest (Vorsitzender für Markt- und Anlagestrategie des AWM) war der Konjunkturzyklus für die Investoren bei der Mehrzahl der von ihm untersuchten geopolitischen Ereignisse der Nachkriegsgeschichte von größerer Bedeutung.
Mit anderen Worten: Sofern größere wirtschaftliche Umbrüche oder Ungleichgewichte wie oben beschrieben ausbleiben, sind die Auswirkungen der Geopolitik auf die Märkte in der Regel nur von kurzer Dauer. Die Kernbotschaft: Trotz zahlloser geopolitischer Krisen, Kriege, Pandemien und Rezessionen hat es sich immer ausgezahlt, in einem diversifizierten, zielorientierten Portfolio investiert zu bleiben. Dies wird wahrscheinlich auch in Zukunft gelten.
Seiner Analyse zufolge war der arabisch-israelische Krieg von 1973 eine der bemerkenswerten Ausnahmen, als ein Ölembargo der OPEC zu einem Anstieg der Ölpreise, hoher Inflation, einer Wirtschaftsrezession und einem lang anhaltenden Einbruch der Aktienmärkte führte. Bisher deutet nichts darauf hin, dass in der jetzigen Situation ähnliche Maßnahmen ergriffen werden. Auch ist die Welt heute ganz anders als damals: Die USA produzieren mittlerweile mehr Öl, als sie verbrauchen, und der durchschnittliche US-Bürger gibt nur noch rund halb so viel für Energie aus wie zu jener Zeit (der Anteil an den Ausgaben beträgt aktuell 4% gegenüber etwa 8% in den 1970er Jahren). Daher würden die Auswirkungen einer möglichen Eskalation auf die Inflation heute wahrscheinlich geringer ausfallen als damals.
Angesichts der großen Unsicherheit kann es hilfreich sein, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Vor dem Hintergrund der aktuell zähen Inflation (siehe VPI-Daten der letzten Woche aus den USA), der Debatte über Zinssenkungen und Wahlthemen gilt es auch den robusten Arbeitsmarkt, den nach wie vor soliden Konsum, die Widerstandskraft der amerikanischen Unternehmen und die staatlichen Ausgabenbemühungen im Bereich Industriepolitik und KI zu berücksichtigen, welche einen echten Beitrag zur Innovation, zum Wachstum und zur Umstellung der Wirtschaft leisten. Wir halten eine sanfte Landung der US-Wirtschaft weiterhin für eher wahrscheinlich, während auch in Europa und Japan ein Wirtschaftsaufschwung eingesetzt hat.
Trotz der unbestreitbaren Risiken sind wir nach jetzigem Kenntnisstand also weiterhin der Meinung, dass der Markt ein gutes Ertragspotenzial bietet.
Ihr Team bei J.P. Morgan steht Ihnen zur Verfügung, um zu erläutern, was dies für Sie und Ihr Portfolio bedeutet.
Wir halten die hierin enthaltenen Informationen für verlässlich, bieten jedoch keinerlei Gewähr für ihre Richtigkeit und Vollständigkeit. Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachten Ansichten, Schätzungen, Anlagestrategien und Anlagemeinungen basieren auf den aktuellen Marktbedingungen. Sie stellen unsere persönliche Einschätzung dar und können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern.
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