Wirtschaft und Märkte
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Die Aktienkurse konnten ihre jüngste Verlustserie in der vergangenen Woche beenden. Die klare Botschaft: Es kommt nicht nur auf die US-Notenbank (Fed) an.
Diese Berichtssaison war eine der besten seit Jahren, die Zolldiskussionen intensivieren sich und Europa steht an einem Scheideweg.
Der S&P 500 kletterte um +1,5% bis in die Nähe seiner Rekordhochs und der technologielastige NASDAQ 100 legte um +2,9% zu. Derweil übertraf der EURO STOXX 50 seine US-Pendants mit einem Plus von +3,2% und ebnete damit den Weg zu seinem besten Wochenabschluss seit einem Monat. Auch Gold glänzte erneut und erreichte neue Rekordwerte.
Jenseits der geopolitischen Entwicklungen sorgten die Hinweise auf eine anziehende US-Inflation für die wichtigsten makroökonomischen Neuigkeiten. Dies führte zunächst zu einem vorübergehenden Anstieg der Renditen, aber bis zum Ende der Woche gingen die Renditen sowohl für zwei- als auch für zehnjährige US-Staatsanleihen wieder auf 4,25% bzw. 4,48% zurück.
Die wichtigste Erkenntnis: Die Fed wird in der ersten Jahreshälfte wahrscheinlich eine Zinspause einlegen.
Welche Impulse werden die Märkte nun bestimmen, wenn die Fed vorerst aus dem Spiel ist?
Sowohl die Verbraucher- als auch die Erzeugerpreise in den USA stiegen stärker als von den Märkten erwartet. Die Gesamtkennzahl des Verbraucherpreisindex (VPI), die Lebensmittel und Energie einschließt, stieg im Vergleich zum Vormonat um 0,5%, während der Kern-VPI ohne diese volatilen Komponenten um 0,4% zulegte. Im Jahresvergleich wurde eine Inflation von 3,0% bzw. 3,3% verzeichnet. Die Erzeugerpreise fielen aufgrund der Faktorkosten ebenfalls höher aus als erwartet.
Diese Daten lassen darauf schließen, dass die Inflation nicht mehr so stark nachlässt wie vor sechs Monaten. Anhand der vorliegenden Daten können wir insbesondere die Kerninflation der privaten US-Konsumausgaben (PCE) abschätzen, den bevorzugten Inflationsmaßstab der Fed. Da ein Großteil der Preissteigerungen auf Komponenten entfiel, die nicht in die privaten Konsumausgaben einfließen, deuten beide Berichte auf eine PCE-Kerninflation von 0,3% hin.
Das ist zwar niedriger als der Anstieg des VPI um 0,4%, bedeutet aber wahrscheinlich auch, dass die Fed bei ihren nächsten Sitzungen nicht an der Zinsschraube drehen wird. Der Arbeitsmarkt ist nach wie vor solide und die Inflationsfortschritte lassen nach. Die Fed betrachtet ihren aktuellen Leitzins weiterhin als restriktiv (ebenso wie wir), sodass die Leitzinsen auf längere Sicht wahrscheinlich sinken werden. Dieser Prozess wird lediglich langsamer verlaufen.
Die Anleger haben sich daran gewöhnt, dass die Fed als treibende Kraft hinter den Marktbewegungen fungiert. In den letzten beiden Jahren entsprachen die Zinsentscheidungen der Fed den im Vorfeld der jeweiligen Sitzung eingepreisten Markterwartungen. Nun geht der Markt davon aus, dass die Fed ihren Leitzins bis Oktober unverändert beibehält. Somit dürfte die US-Notenbank in den nächsten Monaten keine nennenswerten Impulse liefern.
Worauf werden die Anleger also ihren Fokus richten?
Die Berichtssaison ist in vollem Gange, etwa 75% der Unternehmen im S&P 500 haben ihre Geschäftszahlen für das vierte Quartal vorgelegt. Dabei zeichnet sich eine starke Gewinnentwicklung ab. Das Gewinnwachstum des S&P 500 dürfte im vierten Quartal bei über 16% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum liegen, deutlich mehr als der Konsens von etwa 11% zu Beginn der Saison. Sollte es dabei bleiben, wäre dies die höchste gemeldete Wachstumsrate seit dem vierten Quartal 2021 und das sechste Quartal in Folge mit einem Gewinnwachstum im Vergleich zum Vorjahr.
Einer unserer bevorzugten Sektoren, der Finanzsektor, liegt mit dem höchsten Gewinnwachstum aller elf Sektoren im Vorjahresvergleich an der Spitze: Er verzeichnet ein Plus von ca. 52%. Wir gehen davon aus, dass sich die M&A- und Kapitalmarktaktivität weiter beleben und den Sektor beflügeln wird.
Während in den Unternehmen breite Zustimmung zur Deregulierung und einer wirtschaftsfreundlicheren Regierung herrscht, sorgt die Unsicherheit hinsichtlich der Zölle für Gegenwind.
Wie das natürliche Sprachverarbeitungstool von FactSet ergeben hat, wurde in etwa 50% der Earnings Calls das Thema Zölle erwähnt. Was die Anzahl der Unternehmen betrifft, die sich auf Zölle fokussieren, werden wir den Höchststand des Handelskriegs von 2018 im Laufe der Berichtssaison wahrscheinlich überschreiten.
Die Woche endete mit der Unterzeichnung eines Beschlusses von Präsident Trump, wonach sein Stab einen Plan zur Einführung „gegenseitiger“ Zölle (reciprocal tariffs) für Handelspartner der USA ausarbeiten soll.
Zuvor hatte das Weiße Haus bereits einen Zoll von 10% auf chinesische Waren verhängt und eine 25%ige Steuer auf sämtliche Stahl- und Aluminiumimporte in die USA angekündigt, die nächsten Monat in Kraft treten soll. Die jüngsten Gegenmaßnahmen sehen die Erhebung neuer Abgaben für einzelne Länder vor, um die Handelsbeziehungen wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Neue Importzölle sollen für jedes Land individuell festgelegt werden, um nicht nur dessen Zölle auf US-Waren, sondern auch nichttarifäre Handelshemmnisse wie Subventionen, Regulierungen, Mehrwertsteuern, Wechselkurse und andere Faktoren auszugleichen, die den Handel mit den USA einschränken. Die reziproken Zölle werden voraussichtlich im April eingeführt.
Was sind reziproke Zölle? In ihrer einfachsten Form belegen sie ein Land mit dem gleichen Zollsatz, den dieses Land gegenüber den USA erhebt. Würde man dies auf 10.000 Zolllinien anwenden, stiege der gewichtete durchschnittliche Zollsatz in den USA zwar nur um 2%, die Auswirkungen wären jedoch von Land zu Land sehr unterschiedlich.
Schwellenländer mit geringeren Handelsbeziehungen verlangen im Allgemeinen hohe Zölle auf US-Waren. Kanada und Mexiko erheben Zollsätze von 0% gegenüber den USA, während in China und der Europäischen Union (EU) eine Zolldifferenz von 2% bzw. 1% besteht. Kanada, Mexiko, China und die EU machen mehr als 60% der US-Importe aus.
Durch die Berücksichtigung nichttarifärer Handelshemmnisse wird die Definition dessen, was als „gegenseitig“ gelten könnte, allerdings erheblich erweitert. Hier könnten die Zahlen beispielsweise drastisch steigen, wenn die US-Regierung die Mehrwertsteuer und andere nichttarifäre Schranken tatsächlich in ihr Programm aufnimmt.
Die Aktienmärkte reagierten jedenfalls erleichtert auf die jüngsten Zollnachrichten. Der S&P 500 zog zum Wochenende an und näherte sich neuen Allzeithochs. Dieser Optimismus ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die geplanten reziproken Zölle weniger belastend sind als die im Wahlkampf angekündigten pauschalen Universalzölle. Der Markt könnte diese Maßnahmen auch als potenziellen Anreiz für die Aufnahme von Verhandlungen mit anderen Ländern wahrnehmen, angesichts der anfänglich strengen Haltung, die auch Mehrwertsteuern einschließt, und des verlängerten Zeitrahmens, wonach erst im April mit konkreten Empfehlungen zu rechnen ist. Tatsächlich stieg der europäische Aktienmarkt, der einem Handelskrieg stärker ausgesetzt wäre als der S&P 500, in der vergangenen Woche um über 3%.
Seit Jahresbeginn haben europäische Aktien um +12,5% zugelegt (Euro Stoxx 50) und damit die beste Performance im laufenden Jahr seit 1997 erzielt. Als Exportwirtschaft müsste Europa wahrscheinlich mit Gegenwind durch Zölle rechnen. Warum also haben europäische Unternehmen bisher besser abgeschnitten als ihre US-Pendants? Wir führen dies auf drei Faktoren zurück:
1. Gewinnerwartungen. Seit Sommer 2024 sind die Gewinnprognosen für den Stoxx 50 aufgrund der schleppenden Konjunktur und eines rückläufigen Konsums (sowohl in Europa als auch in China) um über 6% gesunken. Diese Befürchtungen schienen sich Ende Januar jedoch zu zerstreuen, und seitdem sind die Gewinnerwartungen um fast 1% gestiegen. Bislang ist die Berichtssaison für das vierte Quartal in Europa sehr gut angelaufen, mit deutlich übertroffenen Prognosen in den Bereichen Technologie, Finanzen und Luxuseinzelhandel.
2. Die Bewertungslücke. In den letzten zehn Jahren wurden europäische Aktien im Vergleich zu den USA mit einem durchschnittlichen Abschlag von etwa 23% gehandelt. Dieser Abschlag lag zu Jahresbeginn bei deutlich höheren 36%. Mittlerweile nutzen die Anleger diese Bewertungslücke für Zukäufe, sodass sie sich seit Jahresbeginn um fünf Prozentpunkte auf 31% verringert hat.
3. Gespräche über einen Waffenstillstand. Ein möglicher Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine erscheint inzwischen wahrscheinlicher. Letzte Woche haben sich Präsident Trump und der russische Präsident Putin offenbar darauf geeinigt, Verhandlungen über ein Ende des Krieges in der Ukraine aufzunehmen. Heute Morgen ist den Schlagzeilen nach der Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende zu entnehmen, dass die EU höhere Verteidigungsausgaben ermöglichen will. Schätzungen sprechen von zusätzlichen 3,1 Bio. US-Dollar innerhalb von zehn Jahren (laut Bloomberg Economics). Offizielle Pläne werden voraussichtlich nach der Bundestagswahl am kommenden Sonntag bekannt gegeben.
Zwar ist noch vieles ungewiss und die Lage sehr dynamisch. Die Aussicht auf ein mögliches Ende des seit drei Jahren andauernden Konflikts scheint die europäischen Märkte jedoch etwas beruhigt zu haben.
Der kurzfristige Kurs der Fed erscheint inzwischen klarer, und die Gewinnberichte der Unternehmen sind nach wie vor beeindruckend. Zölle und geopolitische Konflikte bergen weiterhin Risiken, die Entwicklungen der letzten Woche waren jedoch eher positiv. Wir sind davon überzeugt, dass Multi-Asset-Portfolios im Jahr 2025 eine solide, wenn auch unspektakuläre Performance erzielen dürften.
Anleger sollten sich darauf konzentrieren, an ihren Plänen festzuhalten und den Aufbau resilienter Portfolios in Erwägung ziehen. Hierzu eignen sich diversifizierte Ertragsquellen und Anlagen mit weniger korrelierten Renditen. Ihr Team bei J.P. Morgan steht Ihnen jederzeit zur Seite.
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