Wirtschaft und Märkte
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Die US-Berichtssaison für das erste Quartal übertraf die Erwartungen
Seit dem Liberation Day haben US-Vermögenswerte und der Technologiesektor eine Outperformance erzielt
Die Inflation hält sich trotz der Zollbedenken in Grenzen
Der „Pain Trade“ sind steigende Aktien
Wo soll ich anfangen? Hinter uns liegt ein Quartal, das selbst unsere KI-gestützte LLM-Suite kaum resümieren konnte! Auf alle Ereignisse und Schlagzeilen einzugehen, würde in der Tat den Rahmen dieses Artikels sprengen. An der Performance von Risikoanlagen ist dies allerdings nicht abzulesen: Diese drehten sich im Laufe des Quartals „im Kreis“ und schlossen am Ende mit positiven Renditen. Ein guter Anhaltspunkt ist der Volatilitätsindex (VIX), ein Indikator für die Volatilität des S&P 500. Er stieg am Liberation Day sprunghaft an, bevor er im weiteren Quartalsverlauf wieder zurückging.
Die Ursache? Nun, die Welt durfte die „Kunst des Dealmaking“ aus erster Hand miterleben: Präsident Trump kündigte weitaus umfangreichere Zölle an als erwartet, nur um sie im Laufe des Quartals dann schrittweise zurückzuschrauben. Derzeit lassen sich nur wenige Schlussfolgerungen ziehen, außer dass sich die Bandbreite der möglichen Szenarien verringert hat, und zwar in eine positive Richtung, d. h. in Richtung eines angemesseneren Gesamtzollsatzes. Der VIX sank nach einem Spitzenwert von 50 Zählern (eine Größenordnung, die nahe am Niveau der globalen Finanzkrise liegt) wieder in den Zehnerbereich. Die Aktienkurse erholten sich bis auf frühere Hochs und die Kreditspreads kehrten zu ihren vorherigen Tiefpunkten zurück. Anders ausgedrückt: Die Märkte preisten zunächst eine Rezession ein und gingen dann zu der Auffassung über, dass sich der Konjunkturzyklus fortsetzen wird.
Den vielleicht besten Eindruck der „realen Welt“ vermittelten die Gewinnzahlen und Prognosen der Unternehmen im ersten Quartal: Der S&P 500 verzeichnete ein durchschnittliches Gewinnwachstum von 13%, das weit über den Erwartungen lag. Die Unternehmen äußerten sich zur Unsicherheit hinsichtlich der Zölle, doch die vorrangige Botschaft lautete „Business as usual“ und verwies auf die Investitionen in KI, um die Effizienz zu steigern und die Margen zu schützen. Dies bekräftigt die Annahme, dass Investitionsausgaben für KI ein langfristiges Thema sind.
Die makroökonomischen Fundamentaldaten blieben robust. In den USA lag der Einkaufsmanagerindex (PMI) im Juni bei 52,8 (ein Wert von über 50 steht für Wachstum), während er in Europa mit 50,2 relativ konstant blieb. Die Inflation sinkt weiterhin stetig, wobei der annualisierte Verbraucherpreisindex (VPI) in den USA bei 2,4% und in Europa bei 1,9% liegt. Die europäische Inflationsrate ist bemerkenswert, da die Teuerung damit zum ersten Mal seit der Pandemie unter das EZB-Ziel von 2% gefallen ist. Daher kann die EZB (angesichts des geringen Wachstums) ihre Zinssenkungen fortsetzen und es wird erwartet, dass die Leitzinsen in diesem Jahr ein Niveau von 1,5% erreichen werden. Dies würde negative Realrenditen auf das Halten von Liquidität in Euro nahelegen, weshalb europäische Anleger erneut damit konfrontiert sind, investieren zu müssen, um eine langfristige Vermögenserosion zu vermeiden.
In den USA hingegen liegt die Inflation nach wie vor über dem Zwei-Prozent-Ziel der US-Notenbank (Fed), und da das Wachstum anhält, sind die Zinssenkungen vorerst ausgesetzt.
Diese Ausweitung der Zinsdifferenz ist für die Devisenmärkte relevant. Der US-Dollar hat im Laufe des Quartals weiter an Wert verloren, insbesondere gegenüber dem Euro. Wir führen dies darauf zurück, dass die fiskalische Expansion in Europa (z. B. durch Verteidigungsausgaben in der gesamten Region und das Infrastrukturpaket in Deutschland) die künftige Wachstumslücke zwischen den USA und Europa verringert. Der US-Dollar wird tendenziell weiter abschwächen, obwohl die größere Zinsdifferenz das Ausmaß dieser Entwicklung begrenzen wird. Zudem bleibt es dabei, dass die USA als Volkswirtschaft weiterhin schneller wachsen dürfte als Europa – denn abgesehen vom langfristigen Wachstum im Technologiesektor stehen Steuersenkungen und möglicherweise eine weitere Deregulierung unter der Trump-Regierung bevor.
In geopolitischer Hinsicht haben die zunehmenden Konflikte die weltweite Unsicherheit noch verschärft. So tragisch es auch ist, die Märkte scheinen diese Probleme weitgehend zu ignorieren. Die Eskalation zwischen Israel und dem Iran hatte zwar einen sprunghaften Anstieg der Ölpreise zur Folge, dieser hat sich jedoch rasch wieder gelegt. Inzwischen sind die Ölpreise seit Jahresbeginn um etwa 10% gefallen – ein hilfreicher disinflationärer Impuls, insbesondere für Europa, und ein weiterer Grund für die Annahme, dass sich die Leitzinsen eher nach unten als nach oben bewegen werden.
Wie können die Märkte also angesichts der intensiven Debatte über Zölle und Geopolitik so stark sein? Wir gehen davon aus, dass die Zollverhandlungen noch für einige Differenzen sorgen werden, das Thema aber in diesem Jahr weitgehend geklärt sein wird. Wir erwarten für dieses Jahr eine Verlangsamung der US-Wirtschaft, im nächsten Jahr jedoch eine erneute Beschleunigung, die auf eine größere Klarheit über die Zölle, Steuersenkungen, langfristige Ausgaben für KI und eine gelockerte Fiskalpolitik zurückzuführen sein dürfte. Die Märkte konzentrieren sich auf das Jahr 2026 und die Aussicht auf ein anhaltendes Gewinnwachstum. Bemerkenswert ist, dass die Unternehmensgewinne in diesem Jahr die Aktienmärkte überholt haben. Dadurch sind die Bewertungen trotz gestiegener Märkte leicht gesunken. Sie sind nicht billig, aber gerechtfertigt. Die engen Kreditspreads (der Renditeaufschlag, mit dem Unternehmensanleihen gegenüber Staatsanleihen gehandelt werden) deuten zudem darauf hin, dass sich der Zyklus fortsetzt, gestützt durch eine Tendenz zu sinkenden Zinssätzen.
Angesichts der Volatilität und der Schlagzeilen hätte man eine verstärkte Neupositionierung erwarten können. Dies hätte jedoch höchstwahrscheinlich zu einer Underperformance geführt, da sich die Märkte seit dem Liberation Day erholt haben, wobei US-Aktien und insbesondere der Technologiesektor die treibende Kraft hinter dieser Erholung waren – eine ruhige Hand führt zum Erfolg. Dennoch haben wir das Aktienrisiko Anfang April aufgrund der Zollunsicherheit geringfügig reduziert und die Allokation in Kernanleihen aufgestockt.
Im Mai haben wir einige Sektorengagements neu positioniert, indem wir Gewinne bei nichtzyklischen Konsumgütern und Industriewerten in den USA mitnahmen und die Position in europäischen Finanz- und Kommunikationsdienstleistern erhöhten. Nachdem sich die Märkte weiter erholt hatten, entschlossen wir uns Anfang Juni, die Portfolios wieder auf unsere bevorzugten taktischen Niveaus auszurichten. Dazu mussten wir unser Aktienengagement teilweise verringern – dies ist Teil des Risikomanagements, das für die Verwaltung unserer Portfolios von zentraler Bedeutung ist.
Ende Juni wurde eine letzte Neugewichtung vorgenommen, mit der wir unsere Sektorengagements diversifizierten. Dabei reduzierten wir die Position im US-Technologiesektor aus Bewertungsgründen und bauten das Engagement in europäischen Industriewerten aus.
Obwohl wir in unserem Aktien-/Anleihenmix neutral aufgestellt sind, behalten wir eine prozyklische Ausrichtung bei, indem wir Hochzinsanleihen um 4% übergewichten – gleichmäßig auf Europa und die USA verteilt. Geografisch gesehen bleibt es bei einer leichten Übergewichtung des US-Aktienmarktes im Vergleich zu Europa. Auf Sektorebene sind wir in den Bereichen Technologie, Finanzen und Gesundheitswesen übergewichtet, nachdem wir bei nichtzyklischen Konsumgütern Gewinne mitgenommen haben. In absoluten Zahlen bilden technologiebezogene Unternehmen (ca. 40%) und Finanzwerte (ca. 20%) die Haupttreiber unseres Aktienengagements. Wir sind der Ansicht, dass beide Sektoren gute Ertragsaussichten haben.
Bei festverzinslichen Wertpapieren sind wir in Kernanleihen untergewichtet und bevorzugen Hochzinstitel sowie eine neutrale Duration von etwa 6,5 Jahren auf Portfolioebene. Aufgrund der kürzeren Duration der Hochzinstitel weisen unsere Kernanleihen (Investment-Grade- und Staatsanleihen) eine etwas höhere Duration von etwa 6,9 Jahren auf. Somit gleichen wir eine prozyklische Gesamtposition mit einer gewissen Absicherung durch Anleihen aus, falls das Wachstum enttäuschen sollte. Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass ein Engagement in Anleihen in einem solchen Szenario einen Schutzmechanismus bieten – d. h. negativ mit Aktien korrelieren – wird. Auf der Ebene der Teilsektoren bleiben wir in verbrieften Mortgage-Backed Securities (MBS) übergewichtet.
Bei Portfolios mit Hedgefonds sind wir entsprechend der strategischen Allokation mit einer leichten Tendenz zu Relative Value und Global Macro positioniert.
Trotz der besorgniserregenden Schlagzeilen waren im zweiten Quartal positive Renditen in allen Anlageklassen zu verzeichnen. Besonders deutlich erholte sich der S&P 500 im Vergleich zum Rest der Welt, was auf ein unerwartet starkes Wachstum der Unternehmensgewinne zurückzuführen war. Investment-Grade und Hochzinsanleihen erzielten ebenfalls positive Erträge und entwickelten sich besser als Liquidität. In diesem Quartal hat es sich also gelohnt, langfristig zu denken und weltweit investiert zu bleiben. Für nicht auf US-Dollar basierende Portfolios stellte die Abwertung des US-Dollars indes eine Herausforderung dar. Wir sichern unsere Aktienallokationen nicht ab, da die Aktienrenditen etwaige Währungsschwankungen langfristig aufwiegen. Dennoch kommt es zu Korrekturen, und die Schwäche des US-Dollars war deutlich spürbar, sodass die absoluten Renditen etwas gedämpfter ausfielen.
Wir sehen eine Diskrepanz zwischen den negativen Schlagzeilen und den Aussagen der Unternehmen. Die Zollunsicherheit hat die Aktivität insgesamt reduziert, aber die Investitionen in KI fließen weiterhin kräftig – um die Produktivität zu steigern und die Margen zu schützen. Die Kostenbasis wird knapp gehalten, weshalb sich die Beschäftigungsdaten derzeit etwas abschwächen. Es deutet jedoch nichts darauf hin, dass sich die Unternehmen auf einen massiven Abschwung vorbereiten. Tatsächlich erwarten wir im Jahr 2026 eine Verbesserung des Wirtschaftswachstums; in den USA durch Steuersenkungen und Deregulierung, in Europa durch erhöhte Staatsausgaben für Verteidigung und Infrastruktur. Die Bewertungen in den USA sind im historischen Vergleich zwar hoch, aus unserer Sicht aber angemessen. Grund ist das langfristige Wachstum im KI-Bereich in Verbindung mit stabileren Erträgen aus abonnementbasierten Geschäften.
Im Hinblick auf festverzinsliche Wertpapiere ist auf lange Sicht weiterhin mit einer rückläufigen Inflation zu rechnen (wenn man die kurzfristigen Auswirkungen der Zölle außer Acht lässt). Daher sind niedrigere Zinssätze im Vergleich zum derzeit restriktiven Niveau zu erwarten. Dies lässt wiederum darauf schließen, dass die Gesamtrenditen im Bereich der aktuellen Renditen oder darüber liegen werden.
Eine große Frage bleibt die weitere Entwicklung des US-Dollars. Auch wenn ein weiterer Abwärtstrend möglich ist, sind wir der Meinung, dass der Großteil der Bewegung hinter uns liegt und die Zinsdifferenzen letztlich zu einer Stabilisierung des Dollars beitragen werden.
Abschließend noch ein technischer Punkt: Es wird nach wie vor eine beträchtliche Liquidität zurückgehalten, die darauf wartet, eingesetzt zu werden. Der Rücksetzer, den jeder kaufen möchte, ist für uns jedoch nicht klar erkennbar. Ohne eine wesentliche Veränderung des globalen makroökonomischen Umfelds besteht der „Pain Trade“ daher in einem allmählichen Anstieg der Risikoanlagen. Wenn wir falsch liegen und sich das Wachstum verschlechtert, sind wir unter anderem durch die Duration im Portfolio abgesichert. Wir gehen in den Portfolios kein übermäßiges Risiko ein, da wir nur leicht prozyklisch ausgerichtet sind (Übergewichtung von Hochzinsanleihen). Wir schätzen die Märkte im kommenden Jahr aber weiterhin optimistisch ein.
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