Anlagestrategie
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In der vergangenen Woche sind die Aktienkurse gefallen und die Anleihenrenditen gestiegen, während sich die Anleger auf die Präsidentschaftswahl vorbereiteten.
Die erneuten Schwankungen der Wettquoten waren für viele dieser Bewegungen verantwortlich, wobei die Anleger zu Wochenbeginn einige ihrer „Trump-Trades“ aus dem Spiel nahmen. Zahlreiche neue Umfragen zeigten am Wochenende, dass die Wahl möglicherweise doch nicht so eindeutig ausgehen wird, wie die Wettquoten vermuten ließen. Für Schlagzeilen sorgte insbesondere der in Iowa gemeldete Stimmungsumschwung zugunsten von Kamala Harris. Dieses Rennen ist wohl noch nicht entschieden.
Konzentrieren wir uns auf das, was wir wissen: Die Daten der letzten Woche machten deutlich, dass die US-Wirtschaft weiterhin in solider Verfassung ist. Die Wirtschaft verzeichnete im dritten Quartal ein kräftiges annualisiertes Wachstum von +2,8%. Besonders stark war der Konsum, der um 3,7% zulegte (im Vergleich zu den Konsensprognosen von 3,3%). Zudem wiesen die am Freitag veröffentlichten Beschäftigungszahlen außerhalb der Landwirtschaft mit 4,1% im Oktober eine weiterhin niedrige Arbeitslosenquote aus, auch wenn die Gesamtzahl der neu geschaffenen Stellen aufgrund von Verzerrungen durch die kürzlichen Hurrikans und Streiks entsprechend schwächer ausfiel.
Da sich die Wirtschaft als robust erweist, schneiden auch die Unternehmen weiterhin gut ab. In der geschäftigsten Woche der Berichtssaison für das dritte Quartal legten mehr als 40% der gesamten Marktkapitalisierung des S&P 500 ihre Gewinne vor. Kurz gesagt: Bei den Mega-Cap-Werten im Technologiesektor zeichnet sich keinerlei Verlangsamung ab – sowohl die Gewinne als auch die Investitionsausgaben steigen. Allerdings legen die Investoren diesbezüglich immer höhere Maßstäbe an, was sich in der negativen Aktienkursreaktion von Unternehmen wie Apple und Meta zeigte.
Andernorts sorgte der britische Haushaltsplan für einige Nervosität bei den Anlegern. Eine expansivere Fiskalpolitik löste Besorgnis über potenziell inflationäre Auswirkungen und die Tragfähigkeit der steigenden Verschuldung aus. Angesichts des massiven Anstiegs der Renditen britischer Staatsanleihen und der Kursverluste des britischen Pfunds musste Schatzkanzlerin Rachel Reeves schließlich ein Interview mit Bloomberg führen, um die Wogen zu glätten. Mit der Krise um den „Mini-Haushalt“ ist dieser Vorfall zwar nicht vergleichbar, aber er zeigt, dass die Märkte sehr genau beobachten, was die Regierungen zur Bewältigung ihrer Schulden unternehmen.
Auch wenn in dieser Woche einige wichtige Daten und Zentralbanksitzungen (einschließlich der US-Notenbank) anstehen, wollen wir es nicht versäumen, in unserem heutigen Beitrag vor allem auf die US-Wahl einzugehen. Obwohl derzeit große Unsicherheit herrscht, möchten wir unsere Gedanken zu drei der wichtigsten Themen für Investoren darlegen: Steuerpolitik, Staatsverschuldung und -defizite sowie die Frage, was passiert, wenn der Wahlausgang zu ungewiss ist, um einen Gewinner vorherzusagen.
1. Was ist in der Steuerpolitik zu erwarten? Der Kongress muss sich im nächsten Jahr auf die Steuerpolitik konzentrieren. Ende 2025 laufen viele Bestimmungen des Tax Cuts and Jobs Act (TCJA) von 2017 aus. Wenn der Kongress nichts unternimmt, werden die individuellen Steuersätze auf das Niveau von 2017 zurückgesetzt, der 20-prozentige Abzug für Einkünfte kleiner Unternehmen wird abgeschafft und die Erbschaftssteuerbefreiung wird halbiert (von 28,6 Mio. US-Dollar auf 14,3 Mio. US-Dollar für ein Ehepaar). Wichtig ist, dass die im TCJA enthaltenen Steuersenkungen für Unternehmen dauerhaft sind. Wenn die befristeten Bestimmungen des TCJA auslaufen, würden die persönlichen Steuersätze insgesamt wahrscheinlich wieder steigen. Dadurch könnte sich das Einkommen nach Steuern für alle US-Haushalte um 1,8% und für das oberste 1% der Einkommensträger um 3,1% verringern.
Deshalb gehen wir davon aus, dass unabhängig von der jeweiligen Regierungsbildung zumindest eine teilweise Verlängerung des TCJA wahrscheinlich ist. Der ehemalige Präsident Trump schlägt vor, sämtliche Steuersenkungen von 2017 zu verlängern. Vizepräsidentin Harris plant eine teilweise Verlängerung, will die Erleichterungen für Haushalte mit einem Einkommen von über 400.000 US-Dollar jedoch auslaufen lassen. Natürlich werden Repräsentantenhaus und Senat bei der Ausgestaltung der Steuerpolitik auch noch ein Wörtchen mitzureden haben, daher sollte man nicht nur den Ausgang des Präsidentschaftswahlkampfs im Auge behalten.
Jegliche Veränderungen werden sich zweifellos auf die amerikanischen Verbraucher und die Wirtschaft insgesamt auswirken. Der Fokus auf die Steuereffizienz könnte für US-Steuerzahler im Jahr 2025 zu einem wichtigen Aspekt werden.
2. Wie gravierend könnte die Situation im Hinblick auf Verschuldung und Defizit noch werden? Weder Trump noch Harris haben die Senkung des US-Haushaltsdefizits in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfs gestellt. Wir gehen vielmehr davon aus, dass das Defizit unter beiden Kandidaten wachsen wird. Wenn alle Wahlkampfvorschläge umgesetzt werden sollten (was unwahrscheinlich ist), könnte das Defizit unter Harris in den nächsten zehn Jahren um über 1 Bio. US-Dollar und unter Trump um fast 4 Bio. US-Dollar steigen.
Insofern ist es durchaus verständlich, dass mit der Wahrscheinlichkeit eines republikanischen Durchmarschs auch die Anleihenrenditen gestiegen sind. Ein wichtigerer Faktor waren unserer Ansicht nach in letzter Zeit jedoch das überraschend starke Wirtschaftswachstum in den USA sowie die starken Arbeitsmarkt- und Konsumdaten. Im Vorfeld der US-Wahl dürfte der Bloomberg Treasury Index den ersten Monatsverlust seit April verzeichnen.
Obwohl wir die Entwicklung der Verschuldung und des Haushaltsdefizits als Risiko betrachten, halten wir die Angst teilweise für unangebracht. Die derzeitigen All-in-Renditen bieten den Anlegern sogar eine zweite Chance. Wer bislang das Gefühl hatte, die Allokation in Kernanleihen nicht rechtzeitig aufgestockt zu haben, erhält jetzt vielleicht noch einmal die Gelegenheit dazu.
3. Was passiert, wenn der Wahlausgang zu ungewiss ist, um einen Gewinner vorherzusagen? Normalerweise kann der siegreiche Präsidentschaftskandidat häufig noch in der Wahlnacht bestätigt werden. Traditionell gibt die US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) die Gewinner der einzelnen Bundesstaaten erst dann bekannt, wenn sie davon überzeugt ist, dass die zurückliegenden Kandidaten keine Chance mehr auf den Sieg in diesem Bundesstaat haben. Sobald ein Kandidat 270 Stimmen im Electoral College auf sich vereint, rufen AP und die US-Medien den Wahlsieger aus.
Nach dem Wahltag läuft bis zum Tag der Amtseinführung ein Standardprozess ab, der in der folgenden Tabelle beschrieben wird.
In manchen Fällen dauert die Stimmenauszählung länger oder das Ergebnis ist zu knapp, um einen Sieger zu ermitteln. So hat die AP im Jahr 2000 im hart umkämpften Rennen zwischen George W. Bush und Al Gore beispielsweise keinen Wahlsieger benannt. Ihrer Einschätzung nach war der Vorsprung in Florida zu gering, um sich auf einen Gewinner festlegen zu können. Anschließend dauerte es 35 Tage, bis der Oberste Gerichtshof die Neuauszählung beendete und Bush den Wahlsieg zusprach. Die Märkte mögen keine Unsicherheit, aber selbst im Jahr 2000 spielten wichtigere Faktoren eine Rolle.
Der S&P 500 gab vom Wahlabend bis zum Urteil des Obersten Gerichtshofs im Dezember um -4% nach, aber der Ausverkauf wurde nicht unbedingt durch die Wahl ausgelöst. Die Aktienmärkte hatten vielmehr mit dem Platzen der Technologieblase zu kämpfen. Dies war auch an den Renditen zu erkennen. Der NASDAQ 100 und der Technologiesektor des S&P 500 mussten zweistellige Kursverluste hinnehmen, während die Einbußen in anderen Sektoren deutlich geringer ausfielen oder in einigen Fällen sogar Gewinne verzeichnet wurden.
Im Jahr 2020, als die AP vier Tage brauchte, um den Sieger bekannt zu geben, erzielten zehn der elf Sektoren eine positive Wertentwicklung. Der Markt legte sogar zu, während die Ergebnisse vor Gericht angefochten wurden und der Wahlprozess den bewaffneten Sturm auf das Kapitol überstand.
Es ist schwer zu sagen, wann wir wissen werden, wer diese Wahl gewonnen hat. Möglicherweise werden wir auch erst in ein oder zwei Wochen eine klare Antwort haben. Bei einem knappen Wahlausgang rechnen wir bis Jahresende mit gerichtlichen Anfechtungen und anderen rechtlichen Schritten. Wichtig ist auch, dass der Electoral Count Reform Act von 2022 die Mechanismen stärken soll, die eine klare Umsetzung der Wahlergebnisse gewährleisten.
4. Was bedeutet das alles für Ihr Portfolio? Es bedeutet, dass Sie an Ihrem Plan festhalten sollten. Die Volatilität ist hoch, aber Wahlen finden alle vier Jahre statt. Seit 1984 gab es nur ein Wahljahr, in dem der Markt zwölf Monate nach der Wahl im Minus lag – und zwar im Jahr 2000, während der Technologieblase.
Die Aktienmarktvolatilität sinkt in der Regel relativ rasch, sobald die Zusammensetzung der neuen Regierung geklärt ist. Im Durchschnitt notieren die Aktienkurse zwölf Monate nach der Wahl auf einem höheren Niveau. Anders ausgedrückt: Lassen Sie sich durch eine Wahl nicht von Ihren Plänen abbringen – denn Wahlergebnisse haben keinen langfristigen Einfluss auf die Markterträge.
Wir halten die hierin enthaltenen Informationen für verlässlich, bieten jedoch keinerlei Gewähr für ihre Richtigkeit und Vollständigkeit. Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachten Ansichten, Schätzungen, Anlagestrategien und Anlagemeinungen basieren auf den aktuellen Marktbedingungen. Sie stellen unsere persönliche Einschätzung dar und können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern.
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