US-Wahlnachlese: Was könnte die Politik der Republikaner für Anleger bedeuten?

Market Update

Zurück in die Zukunft. 

Donald Trump ist erneut zum Präsidenten gewählt worden. Die Fernsehsender riefen gegen 5:30 Uhr (Washingtoner Ortszeit) den Wahlsieger aus, die Associated Press folgte kurz darauf. Durch einen Sieg in Wisconsin überschritt Trump die Hürde von 270 Stimmen im Wahlgremium.

Der Markt reagiert so, wie wir es im Falle eines Durchmarschs der Republikaner erwartet hätten: US-amerikanische Large-Cap-Aktien, Small-Cap-Werte und die Anleihenrenditen liegen allesamt deutlich im Plus.

S&P-500-Futures haben um weitere +2,3% zugelegt, zusätzlich zum gestrigen Gewinn von +1,1%. Gestern verzeichneten alle elf Sektoren ein Plus und die Breite der Gewinne war die beste seit August (87% der Indexkomponenten schlossen höher).

Futures auf Small-Cap-Aktien haben um +6,5% zugelegt, nach einem gestrigen Zugewinn von +1,9%, und notieren nun auf einem 1-Jahres-Hoch. Der VIX Index (ein Maßstab für die implizite Volatilität) bricht um etwa fünf Punkte ein, weil der Ausgang der Wahl so früh feststand. Auf der anderen Seite liegt der Hang Seng Index in Hongkong rund -2,5% unter den Höchstständen von gestern, und europäische Aktien haben ihre anfänglichen Gewinne im Tagesverlauf wieder eingebüßt.

Dagegen ist Gold um -2,8% unter die Marke von 2.700 US-Dollar pro Unze gefallen, ebenso wie der Ölpreis. Der Bitcoin-Kurs wird auf einem Allzeithoch gehandelt und hat in den letzten zwei Tagen um 10% zugelegt.

Die wichtigste Erkenntnis aus den Kursreaktionen: Die Märkte konzentrieren sich eher auf die wachstumsfördernde Politik als auf die Risiken durch Zölle oder steigende Haushaltsdefizite. Die Anleihenrenditen sind gestiegen, ebenso wie der US-Dollar, und die Risikomärkte schneiden ausgesprochen gut ab. Auch Sektoren, die regulatorischen Risiken ausgesetzt sind, wie etwa Small-Cap-Banken, verzeichnen eine gute Wertentwicklung. Würden Defizitsorgen im Mittelpunkt stehen, würden der Dollar und die Aktienkurse nachgeben, während die Anleihenrenditen steigen.

Die Wahlnachlese

Präsident Trump wird voraussichtlich jeden Swing State für sich entscheiden. Die Republikaner haben die Mehrheit im Senat erlangt, während die Sitzverteilung im Repräsentantenhaus bislang noch offen ist. Die Märkte scheinen jedoch davon auszugehen, dass die Republikaner eine knappe Mehrheit erringen werden. 60 Sitze im Repräsentantenhaus sind noch zu vergeben, und es könnte mehrere Tage bis zu einer Woche dauern, bis die Sieger in allen noch ausstehenden Auszählungen bekannt gegeben werden.

Selbst wenn die Republikaner am Ende die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen, dürfte ihr Vorsprung nur hauchdünn sein. Für wichtige politische Vorhaben wird man daher weiterhin auf Verhandlungen und Kompromisse setzen müssen. Hier der aktuelle Stand im Hinblick auf die wichtigsten Themen.

Steuern: Zwar sind die Gespräche über eine Verlängerung des Tax Cuts and Jobs Act (TCJA) noch nicht weit fortgeschritten, aber es scheint, als seien die „Worst-Case-Szenarien“ aus Sicht der Märkte (z. B. höhere Steuern auf Kapitalerträge, die Behandlung qualifizierter Dividendenerträge und die Steuerbefreiung von Einkünften aus Kommunalanleihen) vermieden worden. Bei den Kongressmitgliedern, die sich Sorgen über das Haushaltsdefizit machen, könnte eine vollständige Verlängerung des TCJA allerdings wenig Anklang finden. Die Bestimmungen des TCJA laufen erst Ende 2025 aus, daher sind die Entscheidungen darüber erst in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres zu erwarten.

Bei einer vollständigen Verlängerung bleiben die persönlichen Steuersätze auf dem aktuellen Niveau, das in der folgenden Grafik dargestellt ist:

Handel: Präsident Trump plant eine Anhebung der Zölle auf 60% auf alle chinesischen Waren und bis zu 10% auf alle anderen Importe. Während höhere Zölle gegenüber China wahrscheinlich sein dürften, sind die umfassenden Zölle gegen alle Handelspartner mit weitaus höheren rechtlichen Hürden verbunden. Der US-Dollar legt heute Morgen zu, da die Märkte davon ausgehen, dass die Zölle die Sonderstellung der USA – den „amerikanischen Exzeptionalismus“ – noch vertiefen werden.

Einwanderung: In der Einwanderungspolitik verfügt der Präsident über vergleichsweise mehr Macht. Präsident Trump hat deutlich strengere migrationspolitische Maßnahmen und die Abschiebung von Asylbewerbern angekündigt. Daher wird die Einwanderung voraussichtlich schneller nachlassen. Allerdings forderte Trump in seiner ersten Amtszeit die Abschiebung von 11 Millionen Einwanderern, was von 2017 bis 2020 jedoch nur zu etwa 300.000 Abschiebungen pro Jahr führte.

Haushaltsdefizit: Wir haben vorhergesagt, dass die Defizite wahrscheinlich steigen werden, unabhängig davon, wer die Wahl gewinnt. Wie Michael Cembalest in seinem Artikel Politische Gegensätze hervorhob, würden die von Präsident Trump geplanten Vorhaben das Defizit um etwa 4 Bio. US-Dollar erhöhen. Wie bereits erwähnt sprechen die knappen Mehrheiten im Repräsentantenhaus und im Senat eher gegen eine derartige Ausweitung des Defizits. Dennoch deutet der Anstieg der Anleihenrenditen auf eine expansivere Fiskalpolitik, bessere Wachstumsaussichten, einen höheren Endpunkt für den US-Leitzins und eine höhere Inflation hin.

Unsere Meinung:

• Eher positiv:
  • US-Aktien im Vergleich zum Rest der Welt. Wir würden zyklische Titel im Bereich Technologie, Industrie und Finanzen hinzufügen.
  • Gold und Sachwerte (Infrastruktur, Immobilien usw.)
  • US-Dollar
• Neutral
  • Trotz des Renditeanstiegs raten wir zur Beibehaltung einer neutralen Duration.

• Weniger positiv:
  • US-Gesundheitswesen, nichtzyklische Konsumgüter und Energie (aufgrund der weniger positiven Einschätzung der Ölpreise)