Die Trump(f)karte ausspielen: Unsicherheit schickt die Aktienmärkte auf Talfahrt
Es fühlte sich an, als würde die Woche nie enden, während sich die Anleger eilig an die neuen politischen Realitäten anzupassen versuchten. Der S&P 500 rutschte zeitweise in den Korrekturbereich und fiel in nur sechzehn Tagen 10% unter seinen Höchststand. Damit verzeichnete er seine erste Korrektur seit zwei Jahren und die siebtschnellste seit 1929.1
Der Anstieg der Volatilität folgt auf den gesteigerten Optimismus zu Jahresbeginn, wobei die hohen Bewertungen kaum Spielraum für Fehler ließen. Da sich die Risiken rasch verlagert haben, hatten die Märkte Mühe, sich neu auszurichten.
Das DeepSeek-Drama hat die Technologieriesen hart getroffen, und seitdem ist die Besorgnis noch gewachsen, da sich die politischen Entscheidungsträger im Zollstreit gegenseitig „übertrump(f)en“. Dies hat die Stimmung getrübt und das Tabuthema einer US-Rezession wieder auf die Agenda gesetzt. Doch die Unsicherheit hat auch zum Handeln geführt. Europa ergreift die Initiative und stellt neben historischen Anreizmaßnahmen eigene Pläne für eine Waffenruhe vor. China hat dank der politischen Unterstützung ebenfalls einen Wachstumsschub erlebt. Insgesamt ergibt sich dadurch ein ausgewogeneres Bild des globalen Wachstums – und der globalen Märkte.
Während US-Aktien im bisherigen Jahresverlauf gefallen sind, ist eine globale Aktien-Anleihen-Allokation im Verhältnis 60/40 um fast 1% gestiegen.2 Der Euro Stoxx 50 und der MSCI China haben zweistellige Zuwächse verzeichnet. Anleihen haben sich als zuverlässiger Schutzschild erwiesen, und US-Kernanleihen liegen seit Jahresbeginn über 2% im Plus. Unterdessen stieg der Goldpreis letzte Woche auf ein Rekordniveau von 3.000 US-Dollar pro Unze. Die Kernbotschaft: Diversifizierung ist die beste Verteidigung.
Im Folgenden untersuchen wir die Risiken und Chancen und erläutern, wie der Aufbau resilienter Portfolios dazu beitragen kann, mit der Unsicherheit umzugehen.
Roulette im Handelskrieg: Die Würfel rollen weiter
Je intensiver der Schlagabtausch, desto größer die potenziellen Auswirkungen – nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch aufgrund der politischen Unsicherheit. Die vergangene Woche bot wenig Trost:
- Präsident Trump verdoppelte die Zölle auf Stahl und Aluminium aus Kanada zunächst auf 50%, senkte sie dann jedoch wieder auf 25%, nachdem Ontario seine Vergeltungszölle ausgesetzt hatte.
- Eine Abgabe von 25% auf weltweite Stahl- und Aluminiumimporte trat derweil in Kraft, woraufhin die EU für April Zölle auf US-Waren im Wert von 26 Mrd. Euro ankündigte. Kanada zieht Einfuhrabgaben auf US-Waren im Wert von 20,8 Mrd. US-Dollar in Erwägung.
- Trump drohte daraufhin mit einem 200-prozentigen Zoll auf alkoholische Getränke aus der EU und bekräftigte seine Pläne für „reziproke“ Zölle, die im nächsten Monat umgesetzt werden sollen.
Die bereits eingeführten Zölle auf chinesische Importe, nicht unter das USMCA-Abkommen fallende kanadische und mexikanische Waren sowie auf Stahl und Aluminium haben den effektiven Zollsatz der USA auf den höchsten Stand seit den 1970er Jahren angehoben. Diese Maßnahmen dürften die Inflation leicht anfachen, die Kaufkraft der Verbraucher verringern und das Wirtschaftswachstum belasten. Unsere Investmentbank geht davon aus, dass die aktuellen Zölle die Gesamtverbraucherpreise in diesem Jahr um 0,2% erhöhen könnten,3 was sich vor allem im zweiten Quartal bemerkbar machen würde. Die Kerninflation, insbesondere bei Gütern, könnte stärker betroffen sein, auch wenn es Monate dauern kann, bis die Preissteigerungen in den Regalen der Einzelhändler ankommen.
Wir glauben nicht, dass solch ein moderater, durch Zölle verursachter Anstieg der Inflation die US-Notenbank (Fed) von einer Lockerung ihrer Geldpolitik abhalten wird. Dennoch lässt sich nicht ignorieren, dass die zunehmende politische Unsicherheit bereits mit sinkenden Erwartungen hinsichtlich der US-Konjunktur und den jüngsten Dämpfern in der Verbraucherstimmung einhergeht. Unseren Schätzungen zufolge könnte das BIP-Wachstum in den USA durch die bisherigen Maßnahmen in diesem Jahr um 0,3% zurückgehen. Die Auswirkungen wären noch größer, wenn weitere Zölle verhängt würden.3
Dies wirft die Frage auf: Sind die zuletzt schwachen Indikatoren ein Zeichen für einen bevorstehenden Wirtschaftsabschwung, und wie lange kann die Stärke der US-Wirtschaft anhalten?
US-Exzeptionalismus: Ein schlechtes Blatt oder eine strategische Pause?
Zu Jahresbeginn setzte man große Hoffnungen in eine anhaltende Ausnahmestellung der USA, beflügelt durch die starke Dynamik im Jahr 2024 und die Wahlkampfversprechen wirtschaftsfreundlicher Maßnahmen wie Deregulierung und Steuersenkungen. Die Realität verlief turbulenter.
Es wurde viel Aufhebens um die sinkende Stimmung gemacht, und das nicht ohne Grund. Denn die „weichen Daten“ – aus denen die Wahrnehmungen, Meinungen und Erwartungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage hervorgehen – waren in letzter Zeit enttäuschend. Vergangene Woche fiel der Stimmungsindex des NFIB für Kleinunternehmen so schnell wie seit fünf Jahren nicht mehr, und der Konsumklima-Indikator der University of Michigan sank den dritten Monat in Folge. Gleichzeitig erreichten die Inflationserwartungen mehrjährige Höchststände. Dies hat die allgemeine wirtschaftliche Unsicherheit in den USA erhöht, und die Äußerungen von Präsident Trump letzte Woche, dass sich die US-Wirtschaft in einer „Übergangsphase“ befinde, haben diese Ängste noch verstärkt.
Höhere Unsicherheit belastet das US-Vertrauen
Index der wirtschaftspolitischen Unsicherheit, USA vs. Europa
Die „harten Daten“ halten weiterhin stand
Werte und Bewertung der US-Wirtschaftsindikatoren
Während sich die Fed auf ihre Sitzung in dieser Woche vorbereitet, steht sie vor der Herausforderung, diese Entwicklungen zu berücksichtigen und die Wachstums- und Inflationsrisiken gegeneinander abzuwägen. Auch wenn sich ihre Prognosen noch ändern könnten, gibt uns die beständige Stärke der „harten Daten“ (insbesondere am Arbeitsmarkt) die Gewissheit, dass eine Stagflation oder Rezession nicht zu befürchten sind.
Europas Gegenmaßnahmen: Anreize und Waffenstillstandspläne liegen auf dem Tisch
Während der amerikanische Exzeptionalismus an Bedeutung verliert, hat Europa seine Bemühungen verstärkt. Der Optimismus ist dank einer historischen Kehrtwende in Deutschland, vorsichtiger Hoffnungen auf Frieden in der Ukraine und der bislang begrenzten Auswirkungen der US-Zölle gewachsen.
Der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz sicherte sich die notwendige Unterstützung für ein bahnbrechendes Verteidigungs- und Infrastrukturpaket. Die Abstimmung ist für Dienstag geplant, mit einer Mehrheit wird gerechnet. Merz erklärte: „Deutschland ist zurück“, und zwar mit einem Wachstumsschub, der sich auf die gesamte Region auswirken könnte. Obwohl andere europäische Länder aufgrund ihrer höheren Schuldenlast weniger Spielraum für Konjunkturmaßnahmen haben, bleiben die Verteidigungsausgaben eine wichtige Priorität. Die erhöhte Unsicherheit könnte den politischen Zusammenhalt stärken und die Unterstützung im gesamten Block ermöglichen.
Geopolitische Spannungen waren ein wesentlicher Grund für den neuen Fokus. Ein möglicher Frieden in der Ukraine hat für vorsichtigen Optimismus gesorgt. Nach den von den USA vermittelten Gesprächen letzte Woche stimmte die Ukraine einem 30-tägigen Waffenstillstand zu. Obwohl Russland noch nicht eingewilligt hat, könnte eine Waffenruhe die Stimmung verbessern und die Energiekosten senken, wenn die Gaslieferungen durch die Ukraine wieder aufgenommen werden. Unterdessen hat der Euroraum trotz des Zollstreits bislang nur begrenzte Auswirkungen zu spüren bekommen, da die Stahl- und Aluminiumzölle weniger als 0,2% des EU-weiten BIP ausmachen.4
Die Stimmung profitierte insbesondere von der fundamentalen Stärke, wobei das vierte Quartal das erste Quartal mit einem Gewinnwachstum seit fast zwei Jahren war. Zusammen mit den jüngsten Maßnahmen auf politischer Ebene hat dies dazu geführt, dass europäische Aktien ihre US-Pendants überflügelt haben, sodass sich die historisch große Bewertungslücke zwischen den beiden Märkten verringert hat. Wenn der Optimismus anhält und die Europäische Zentralbank ihre schrittweisen Zinssenkungen fortsetzt, könnte die Rally weiter andauern. Allerdings ist auch der Euroraum nicht immun gegen einen Wachstumsabschwung in den USA und mögliche „reziproke“ Zölle – eine Dynamik, die wir aufmerksam beobachten.
Diversifizierung ist defensiv
Politische Veränderungen sorgen für Umbrüche, die Unsicherheit ist groß und die Risiken sind gestiegen. Das US-Wachstum kühlt sich ab (ohne zusammenzubrechen), während Europa und China dank staatlicher Unterstützung besseren Aussichten entgegensehen. Die Zollbedenken belasten das Vertrauen in den USA und verändern die Risikoabwägung der Anleger. Die Konzentration an den US-Märkten hat sich ebenfalls negativ ausgewirkt, da die großen Technologieunternehmen mit Herausforderungen konfrontiert sind.
Manche Anleger warten vielleicht ab, bis sich die Lage beruhigt hat, doch ein hoher Bargeldbestand kann die langfristigen Renditen beeinträchtigen. Die Geschichte zeigt, dass Korrekturen ganz natürlich sind – und die meisten führen nicht zu einer Rezession. In den vergangenen 45 Jahren verzeichneten US-Aktien einen durchschnittlichen Rückgang von 14%, beendeten das Jahr jedoch in 75% der Fälle immer noch mit einem Plus. Auch starke Jahre haben schwierige Momente. Obwohl anhaltende Unsicherheit eine Belastung sein kann, halten wir es bei weitem für verfrüht, über eine Rezession in den USA zu sprechen. Trotz der aktuellen Schwächephase und verschiedener Risiken gehen wir immer noch davon aus, dass der S&P 500 dank einer starken Gewinnentwicklung gegenüber dem heutigen Stand um etwa 15% zulegen wird. Bemerkenswerterweise hat der Rücksetzer auch die Aktienbewertungen wieder an ihre fünfjährigen Durchschnittswerte herangeführt.
Die Vorbereitung auf bekannte Unbekannte war ein zentraler Bestandteil unseres Ausblicks 2025, wobei die Diversifizierung für den Aufbau resilienter Portfolios von entscheidender Bedeutung ist. Die Streuung der Anlagen über Regionen, Sektoren und Anlageklassen hinweg hat sich in diesem Jahr als vorteilhaft erwiesen, und die Marktschocks der Vergangenheit untermauern diese Erkenntnis. Anleihen können für Stabilität sorgen, falls das Wachstum nachlässt. Über die 60/40-Gewichtung hinaus kann die Ergänzung der Aktien-Anleihen-Allokation mit anderen Vermögenswerten ebenfalls zur Stärkung der Portfolios beitragen. Infrastrukturinvestitionen bieten historisch gesehen eine geringe Korrelation mit Aktien, stabile Cashflows und einen Inflationsschutz. Gold hat sich angesichts der Volatilität glänzend entwickelt, nicht zuletzt dank der Käufe der Zentralbanken. Hedgefonds können einzigartige Renditequellen bieten.
Unsicherheit kann frustrierend sein, aber Volatilität bringt auch Chancen mit sich. Ihr Team bei JPMorgan steht Ihnen zur Seite, um den Ausblick und die Positionierung Ihres Portfolios für das kommende Jahr zu besprechen.
1 Bloomberg Finance L.P. „Stocks Tumble Into Correction as Trump Policies Roil Sentiment.“ 13. März 2025.
2 Globale Aktien-Anleihen-Allokation (60/40) gemessen am iShares Core 60/40 Balanced Allocation ETF.
3 J.P. Morgan Corporate Investment Bank. „Hold the champagne: revising down US GDP growth.“ 14. März 2025.
4 J.P. Morgan Corporate Investment Bank. „Euro Area.“ 14. März 2025.
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