Auf der Weltklimakonferenz (COP27) vom 6. bis 18. November 2022 kamen mehr als 35.000 Delegierte im ägyptischen Sharm El-Sheikh zusammen, um gemeinsam gegen den Klimawandel vorzugehen. Angesichts der schwierigen geopolitischen Rahmenbedingungen mussten die Delegierten die Anforderungen von Energiewende, Energieunabhängigkeit und Lebenshaltungskosten in Einklang bringen. Insgesamt war man der Auffassung, dass die Fortschritte beim Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bislang nicht ausreichen, um den weltweiten Temperaturanstieg auf 1,5 ⁰C zu begrenzen. Dennoch lag der Schwerpunkt der so genannten „Umsetzungs-COP“ auf der Finanzierung, Umsetzung und Erfüllung der Verpflichtungen der Teilnehmerländer.
Unsere drei wichtigsten Erkenntnisse:
- Die bisherigen Verpflichtungen verfehlen das Ziel von 1,5 °C weiterhin deutlich, aber die wichtigsten Emissionsländer haben ihre Zusagen aktualisiert.
- Es wurden echte Fortschritte bei der Finanzierung einer „gerechten Energiewende“ erzielt, einschließlich einer bahnbrechenden Vereinbarung über einen neuen „Loss and Damage“-Fonds für gefährdete Länder.
- Weitere Fortschritte gab es bei der Klimaanpassung, wobei sich die Regierungen darauf einigten, das globale Anpassungsziel voranzutreiben.
Erörtern wir nun, was das für Sie als potenzieller Investor bedeutet.
1. Die bisherigen Verpflichtungen verfehlen das Ziel von 1,5 °C weiterhin deutlich, aber die wichtigsten Emissionsländer haben ihre Zusagen aktualisiert.
Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle – mit dem Fuß auf dem Gaspedal.
Letztes Jahr einigten sich die Länder auf der COP26 in Glasgow darauf, sich auf die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu konzentrieren. Ihre Verpflichtungen zur Senkung der Treibhausgasemissionen waren zu schwach, um dies zu erreichen, aber sie vereinbarten, dieses Jahr zurückzukehren und sie zu verstärken. 24 Länder taten dies, 170 dagegen nicht1. Die derzeit geltenden Maßnahmen deuten auf einen Temperaturanstieg von 2,8 °C bis zum Ende des Jahrhunderts hin, wobei die Umsetzung der aktuellen Zusagen diesen Temperaturanstieg nur auf 2,4 °C bis 2,6 °C reduzieren würde.2
Auf der positiven Seite haben die wichtigsten Emissionsländer ihre Verpflichtungen im Vorfeld und während der COP27 aktualisiert:
- Indonesien (1,5 % der weltweiten Kohlenstoffemissionen3), der größte Kohleexporteur der Welt, hat sein Netto-Null-Emissionsziel auf 2060 vorgezogen.
- Der gewählte Präsident von Brasilien (1,3 % der weltweiten Kohlenstoffemissionen3) Lula da Silva versprach, die von Bolsonaro geplante Erhöhung der Treibhausgasemissionen rückgängig zu machen.
- Australien (1,2 % der weltweiten Kohlenstoffemissionen3) verabschiedete ein Klimaschutzgesetz, um bis 2030 eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 43 % gegenüber 2005 und bis 2050 das Netto-Null-Ziel zu erreichen.
- Obwohl die USA (14,02 % der weltweiten Kohlenstoffemissionen3) ihre Zusagen nicht erhöhten, verabschiedeten sie den Inflation Reduction Act, um die Kohlenstoffemissionen bis 2030 um 40 % im Vergleich zum Niveau von 2005 zu senken.
Investitionsgedanke: Trotz des schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfelds hielten die Länder an ihren Ambitionen fest, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Die enttäuschende Entscheidung gegen eine allgemeine Anhebung dieser Ziele unterstreicht die Tatsache, dass die Welt weiterhin für 83 % ihres Energieverbrauchs auf fossile Brennstoffe angewiesen ist und selbst die ehrgeizigsten Übergangspläne kurzfristig immer noch den Einsatz von Kohlenwasserstoffen erfordern werden.4 Wir erwarten daher in den kommenden Jahren einen gleichzeitigen Boom bei traditioneller und sauberer Energie.
2. Es wurden echte Fortschritte bei der Finanzierung einer „gerechten Energiewende“ erzielt, einschließlich einer bahnbrechenden Vereinbarung über einen neuen „Loss and Damage“-Fonds für gefährdete Länder.
Eine 30-jährige Mission ist nun erfüllt.
Abbildung 1: Übereinander geschichtete weltweite historische THG-Emissionen. Auf die USA entfallen 22 %, auf Europa 16 % und auf China 13 % der historischen Treibhausgasemissionen im Vergleich zum vorindustriellen Niveau.
Die COP27 nutzte die Gelegenheit, um die Umweltgerechtigkeit voranzutreiben und der Debatte eine neue Richtung zu geben: „Wer muss wofür bezahlen?“.
Am Sonntagmorgen einigten sich die Regierungen nach zweiwöchigen Verhandlungen und jahrzehntelangen Debatten auf die Einrichtung eines neuen Sonderfonds, um Entwicklungsländern bei der Behebung von Verlusten und Schäden zu helfen. Vereinfacht gesagt geht es um Ausgleichszahlungen oder Wiedergutmachungen für klimabedingte Schäden, die durch extreme Wetterereignisse verursacht wurden. Die wesentlichen Grundzüge des Fonds sind noch nicht ausgearbeitet, es wurden keine finanziellen Zusagen gemacht, und die Entscheidungen über die Funktionsweise des Fonds wurden auf die COP28 im nächsten Jahr verschoben.
Erstmals wurde im Rahmen des Weltklimagipfels auch zur Reform der globalen Finanzarchitektur und der Mechanismen aufgerufen, die der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank einsetzen, um Mittel für die Klimakrise bereitzustellen.
Darüber hinaus wurde ein Finanzierungsabkommen für eine neue Partnerschaft für eine gerechte Energiewende (Just Energy Transition Partnership, JETP) angekündigt. Dabei werden die USA und andere Industrieländer mit Indonesien zusammenarbeiten, um in den nächsten drei bis fünf Jahren 20 Mrd. USD zu mobilisieren und den Übergang von Kohle zu einer saubereren Energiezukunft zu beschleunigen. Das Partnerschaftsmodell basierte auf der JETP mit Südafrika in Höhe von 8,5 Mrd. USD, die erstmals auf der COP26 bekannt gegeben und in diesem Jahr zu einem fünfjährigen Investitionsplan weiterentwickelt wurde.7
Investitionsgedanke: Die Vereinbarungen über einen Entschädigungsfonds und neue JETP-Partnerschaften markieren bedeutende positive Entwicklungen im Hinblick auf die Umweltgerechtigkeit. Auch wenn über die Bedingungen für Verluste und Schäden noch nicht entschieden wurde, werden die JETP-Partnerschaften durch öffentliche und private Partnerschaften mobilisiert. Die Internationale Energieagentur (IEA) hat zudem erklärt, dass dies einen positiven Rückenwind für den Ausbau erneuerbarer Energien wie Sonne, Wind und Wasserkraft, Geothermie und Bioenergie bewirken wird.8
3. Weitere Fortschritte gab es bei der Klimaanpassung, wobei sich die Regierungen darauf einigten, das globale Anpassungsziel voranzutreiben.
Die Wahl besteht zwischen Anpassung oder Hunger.
2022 war erneut ein Jahr der extremen Wetterereignisse: In Indien und Pakistan kam es zu tödlichen Hitzewellen, in Teilen der Antarktis lagen die Temperaturen 40°C über dem Normalwert9, und Südafrika, Brasilien und Pakistan wurden von schweren Regenfällen heimgesucht.
Da die Zahl der vom Klimawandel betroffenen Menschen zunimmt, müssen die Länder zwangsläufig Investitionen in die Anpassung priorisieren. Der Bericht des Ständigen Finanzausschusses (SCF) veranschaulicht, dass die Minderungsmaßnahmen zwar den größten Teil der klimaspezifischen Finanzhilfen ausmachen. Der Anteil der Anpassungsfinanzierungen nimmt jedoch stetig zu und verzeichnete die stärkste Wachstumsrate.10
Abbildung 2: Aufteilung der von 2016–2020 bereitgestellten und mobilisierten Klimafinanzierung nach Themenbereichen
Das globale Anpassungsziel wurde im Rahmen des Pariser Abkommens vereinbart, um Anpassungsfähigkeiten aufzubauen, die Widerstandsfähigkeit zu stärken und die Anfälligkeit zu verringern. Die COP27 erreichte positive Fortschritte in Richtung des Ziels – es gab neue Zusagen von insgesamt mehr als 230 Mio. USD für den Anpassungsfonds, die Anpassungsagenda von Sharm el-Sheikh zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit gefährdeter Bevölkerungsgruppen wurde auf den Weg gebracht, und der SCF wurde aufgefordert, über die Verdopplung der Anpassungsfinanzierungen zur Berücksichtigung bei der COP28 im nächsten Jahr zu berichten.11
Ein besonderer Schwerpunkt war die Ernährungssicherheit. Während die Ernährungssysteme für ein Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, machen sie nur 3 % der Klimafinanzierungen aus.12 In Anbetracht dessen wurde ein ganzer Tag dem Thema „Anpassung und Landwirtschaft“ gewidmet. 13 Länder unterstützen inzwischen den „Agriculture Breakthrough“ (im Rahmen der „Breakthrough Agenda“), der darauf abzielt, eine klimaresistente, nachhaltige Landwirtschaft bis 2030 zur gängigsten Option zu machen. Darüber hinaus wurde ein Forschungs- und Entwicklungsfonds von 8 Mrd. USD unter Federführung der USA und der VAE angekündigt, um die Umweltauswirkungen der Landwirtschaft zu reduzieren.13
Investitionsgedanke: Bei der Veröffentlichung des diesjährigen Berichtes des Weltklimarates (IPCC) sagte UN-Generalsekretär António Guterres: „Wenn sich die Auswirkungen des Klimawandels verschlimmern, und das werden sie, wird eine Ausweitung der Investitionen überlebenswichtig sein. Anpassung und Minderung müssen mit gleicher Kraft und Dringlichkeit vorangetrieben werden.“ Die COP27 verdeutlichte die erhöhte Aufmerksamkeit der Länder, die jetzt der Anpassung gewidmet wird. Wir rechnen in Zukunft mit verstärkten Investitionen in die Verbesserung der Wassereffizienz, die Anpassung der gebauten Umwelt und die Neuerfindung von Ernährung und Landwirtschaft. Insbesondere erwarten wir, dass Innovationen im Bereich der alternativen Nahrungsmittelversorgung, vertikalen Landwirtschaft und Mikrobewässerung robuste Ertragschancen für Investoren schaffen werden.
Zusammenfassung
Wie wir bereits erläutert haben, ist die Welt weiterhin zwischen dem fossilen Zeitalter und ihrer sauberen Energiezukunft gefangen. Wir erwarten daher einen gleichzeitigen Boom sowohl bei traditioneller als auch bei sauberer Energie.
Investitionen des Privatsektors sind entscheidend, um die Übergangsziele der Länder zu erreichen. Dabei spielt der Finanzdienstleistungssektor erstens eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der aktuellen Emissionsbelastung des Sektors und zweitens bei der Erforschung, wie der Sektor den Übergang zum Netto-Null-Ziel finanzieren kann. Wir glauben, dass das Bekenntnis zu diesen Zielen die Finanzströme in nachhaltige Anlagewerte fördern wird. Die J.P. Morgan Private Bank bietet ihren Kunden eine Reihe von Anlagemöglichkeiten, die auf „Reduzierung, Entfernung und Umrüstung“ ausgerichtet sind und eine gerechte, saubere Energiewende ermöglichen:
Jeder der drei Bereiche bietet Investoren ein ganzes Spektrum potenzieller Anlagechancen
Das breite Spektrum klimabezogener Investitionen bietet eine einzigartige Chance. Bitte wenden Sie sich an Ihren Ansprechpartner bei J.P. Morgan, um mehr über die potenziellen Anlagemöglichkeiten zu erfahren, die Ihren Zielen entsprechen.
1 World Resources Institute, Where Do We Stand on COP26 Climate Promise? A Progress Report, 13. Oktober 2022
2 UN Environment Programme, Emissions Gap Report 2022, 27. OKtober 2022
3 worldometers, CO2 Emissions by Country.
4 Michael Cembalest, 2022 Annual Energy Paper, 2022
5 ClimateWatch, Historical GHG Emissions
6 TheEconomist, ‘How Pakistan emerged as a climate champion’, November 2022
7 GOV.UK, “Indonesia Just Energy Transition Partnership Launched at G20”, November 2022
8 IEA, “IEA welcomes Indonesia’s Just Energy Transition Partnership as key step forward for international cooperation on energy and climate”, November 2022
9 Guardian, Extremes of 40C above normal: what’s causing ‘extraordinary’ heating in polar regions?, März 2022
10 UNFCCC, Standing Committee on Finance, 2022
11 UNFCC, COP27 Reaches Breakthrough Agreement on New “Loss and Damage” Fund for Vulnerable Countries, 20. November 2022.
12 Global Alliance for the Future of Food, “Untapped Opportunities: Climate Financing for Food Systems Transformation”, 2022
13 Bloomberg, “Green Farming Gets $8 Billion Boost at UN Climate Summit”, November 2022.
14 Morningstar, “As COP27 Focuses on Financing Climate Transition, Options for Climate Fund Investors Widen”, November 2022