Geballte Risikofaktoren: Umgang mit der Marktvolatilität

Die Risiken kamen zuletzt Schlag auf Schlag.

Bemerkenswert ist jedoch nicht, dass der Markt die Risiken hinterfragt, sondern wie schnell er von einem Risiko zum nächsten überging… und zum nächsten… und zum übernächsten. Die vergangene Woche begann und endete mit geopolitischen Turbulenzen, dazwischen prägten Zinssenkungen und die Gewinne im Technologiesektor die Debatte.

Manche mögen dies als Zeichen dafür werten, dass der Markt nach Orientierung sucht und sich von den Sorgen mitziehen lässt. Eine andere Interpretation lautet: Er beurteilt die Risiken, richtet sich neu aus und findet einen neuen Fokus. Er hört zu, passt sich an und blendet die Störgeräusche aus – um sich auf das zu konzentrieren, was er weiß.

Die heutigen Top Market Takeaways konzentrieren sich auf das, was wir wissen.

Gewinnwachstum und Konsumkraft übertrumpfen die Inflation

Die Inflationsdebatte nimmt kein Ende und „die letzte Meile“ bis zum Zwei-Prozent-Ziel der US-Notenbank (Fed) verläuft, gelinde gesagt, frustrierend. Fed-Chef Powell selbst beklagte auf einer Konferenz Anfang letzter Woche die „mangelnden Fortschritte“ in jüngster Zeit.

Aber wie bedeutsam ist das eigentlich? Auch wenn noch einiges zu tun bleibt, liegen die aggressiven Zinserhöhungen von 2022 definitiv hinter uns. Vor allem jedoch geht die hartnäckige Teuerung mit einem starken Wachstum einher, welches sowohl die Ausgaben als auch die Investitionen fördert.

Obgleich die US-Inflation etwas mehr als 3% beträgt, ist die Konsumlaune der Verbraucherinnen und Verbraucher ungebrochen: Die realen Konsumausgaben (inflationsbereinigt) wuchsen im Februar um 2,4% gegenüber dem Vorjahr. Das entspricht genau ihrem Durchschnitt seit der Jahrtausendwende.

Gleichzeitig steigen die Gewinne. Der Markt geht davon aus, dass die Gewinne im S&P 500 im ersten Quartal den dritten Zuwachs in Folge verzeichnen und das Gesamtjahr 2024 mit einem sehr soliden Plus von 10% abrunden werden. Zudem nutzen die Unternehmen ihre zusätzliche Liquidität, um die Dividenden zu erhöhen, Aktienrückkäufe zu tätigen und strategische Investitionen zu verfolgen. Wenn die Firmen in akuter Sorge um ihre Zukunftsaussichten wären, gäbe es nach einer zweijährigen Flaute wahrscheinlich auch keine Anzeichen für eine Erholung der Kapitalmarktaktivität – seien es Fusionen und Übernahmen, Börsengänge oder die Emission von Anleihen.

Höhere Zinsen sind nicht unbedingt schlecht, solange das Wachstum robust ist

Wenn die Fed eine Pause einlegt, weil das Wachstum robust ist und es einfach länger dauert, bis die Inflation wieder bei 2% liegt, scheint die Wirtschaft damit gut zurechtzukommen. Insofern spielt es vielleicht keine allzu große Rolle, ob es in diesem Jahr drei, zwei, eine oder gar keine Zinssenkungen gibt. Natürlich besteht die Gefahr, dass sich der Preisauftrieb wieder beschleunigt. Die Fed scheint jedoch eher geneigt, die Zinsen stabil zu halten, während sie die Daten im Auge behält, bevor sie Zinserhöhungen überhaupt in Erwägung zieht.

Wir haben schon früher erlebt, wie die Wirtschaft in Hochzinsphasen durchhielt. In den 1990er Jahren – eines der berühmtesten Beispiele für eine sanfte Landung – beließ die Fed ihren Leitzins für geraume Zeit bei über 5% und nahm dabei nur kleinere Anpassungen vor. Derweil blieb die Wirtschaft für ein Jahrzehnt von einer Rezession verschont, die Arbeitslosenquote ging kontinuierlich zurück, und die Aktienkurse legten jahrelang zu, bis die Dotcom-Blase platzte.

Das heißt natürlich nicht, dass es keine punktuellen Probleme geben wird: Gewerbeimmobilien, einige Regionalbanken und Bereiche mit höherer Verschuldung werden durch die längerfristig höheren Zinsen vermutlich unter Druck geraten. Wie wir jedoch in unserem Rückblick auf die Bankenpleiten des vergangenen Jahres erläutert haben, scheinen diese Stressbereiche nicht repräsentativ für die Gesamtwirtschaft zu sein.

Rücksetzer in Bullenmärkten sind normal

Trotz der geballten Risikofaktoren notiert der S&P 500 lediglich 4% unter seinem Höchststand. Rücksetzer sind jedes Jahr zu beobachten: Das durchschnittliche Jahr seit 1980 verzeichnete einen Einbruch von 14% und endete dennoch in 75% der Fälle mit einem Plus.

Bullenmärkte sind dagegen nicht gefeit. In den zehn besten Jahren dieses Zeitraums (die alle eine Gesamtjahresrendite von etwa 30% erzielten), gab es mit einer Ausnahme (1995) jedes Jahr mindestens einen Rückgang von 5%. Im durchschnittlichen Jahr waren es sogar zwei.

Anders ausgedrückt: Die Märkte folgen keiner geraden Linie. Würde dieser Bullenmarkt heute enden, wäre es der kürzeste der letzten 70 Jahre.

Fokus finden: Vorbereitung auf eine Reihe von Ergebnissen

Negative Ereignisse geschehen zwangsläufig und es wäre nicht das erste Mal, dass geopolitische Turbulenzen, die Geldpolitik oder die Inflation zu Marktturbulenzen führen.

Die jüngsten Meldungen trüben unsere insgesamt konstruktive Sicht auf die Märkte nicht. Wir halten eine sanfte Landung in den USA weiterhin für eher wahrscheinlich, während auch in Europa und Japan ein Wirtschaftsaufschwung eingesetzt hat. Das Jahr 2022 ist vorbei und selbst wenn es weniger (oder gar keine) Zinssenkungen geben sollte, zieht die Fed keine Zinserhöhungen in Betracht. Daher dürften die Aktienkurse steigen, sobald sich die Lage beruhigt und das Gewinnwachstum in Schwung kommt. Außerdem können Anlegerinnen und Anleger diese Zinsanpassung zu ihrem Vorteil nutzen. Anleihen werden dieses Jahr möglicherweise nicht so gut laufen wie zunächst erhofft, aber dank der höheren Renditen können festverzinsliche Wertpapiere noch besser als Portfolioanker dienen und es ermöglichen, sich die hohen Zinsen länger zu sichern. Andere Kreditbereiche bieten ebenfalls Chancen: Sowohl Hybridanleihen als auch Private Credit können die Rendite steigern, während aktive Manager für notleidende und ausfallgefährdete Kredite geschickt die überschuldeten Marktsegmente ausloten können. Sachwerte weisen derweil in der Regel eine positive Korrelation mit der Inflation auf und bieten neben Diversifizierungsvorteilen auch Zugang zu langfristigen, dauerhaften Trends.

Das wirksamste Mittel überhaupt kann darin bestehen, einen Plan zu haben und sich daran zu halten. Rücksetzer und Phasen der Ungewissheit sind normal, aber letztlich hat es sich in zahllosen geopolitischen Krisen, Kriegen, Pandemien und Rezessionen immer ausgezahlt in ein diversifiziertes und zielorientiertes Portfolio zu investieren – und das sollte aus unserer Sicht auch weiterhin gelten.