Was bedeuten die jüngsten Schritte der Zentralbanken für Anleger?

Mittlerweile ist es keine Neuigkeit mehr – Donald Trump wurde am vergangenen Mittwochmorgen als designierter US-Präsident bestätigt. Wir haben in unserer US-Wahlnachlese dargelegt, wie sich die Politik einer republikanischen Regierung auf die Märkte auswirken könnte, und Michael Cembalest, unser Chairman of Market and Investment Strategy, hat sowohl die Auswirkungen der Wahl als auch die künftigen Aussichten hier näher beleuchtet.

Die vergangene Woche war reich an Impulsen, die nicht zuletzt von den US-Wahlen und den Zentralbanksitzungen ausgingen. Nachfolgend erläutern wir die Marktbewegungen im Zuge dieser Ereignisse.

Aktien: US-amerikanische Large-Cap-Aktien erreichten Allzeithochs. Der S&P 500 erzielte mit einem Plus von +4,7% seine beste Wochenperformance seit einem Jahr und stieg zeitweise sogar über die Marke von 6.000 Punkten.

Industriewerte verzeichneten am Mittwoch ihren größten Tagesgewinn seit zwei Jahren, da die Märkte bereits vorwegnahmen, was eine stärkere „America First“-Agenda für die US-Fertigung bedeutet.

Auch Small Caps zählten zu den Gewinnern der Woche (Russell 2000: +8,6%). Ein besseres Wachstum und weniger Regulierung könnten dem Segment zugutekommen.

Eine Deregulierung dürfte Hürden für Fusionen und Übernahmen beseitigen und dazu beitragen, die erstarrte Aktivität zu beleben. Dies schafft enorme Impulse für den Finanzsektor und insbesondere die Banken. Großbanken legten um über +7% zu, Regionalbanken sogar um +10%. Der Markt rechnet nicht nur mit einer stärkeren M&A-Aktivität, sondern auch mit einem Kreditwachstum und weniger strengen Kapitalanforderungen.

Anleihen: Der voraussichtliche Durchmarsch der Republikaner (den die meisten Anleger jetzt erwarten) trieb die Zinsen in die Höhe.

Die Renditen zweijähriger (4,25%) und zehnjähriger (4,30%) Anleihen stiegen am Mittwoch nach den Wahlergebnissen um 8 bzw. 16 Basispunkte, haben diese Bewegungen inzwischen aber größtenteils wieder ausgeglichen. Angesichts einer höheren Inflation und höherer Haushaltsdefizite bedarf es möglicherweise einer höheren Entschädigung, um in längerfristige Anleihen zu investieren.

Währungen: Nach seinem größten Wertzuwachs innerhalb eines Tages seit zwei Jahren (+1,6%) notiert der US-Dollar nun 5% höher (im Vergleich zu einem Währungskorb) als noch vor sechs Wochen.

Der Fokus auf die Inlandsverlagerung und Sicherung der US-Lieferketten führte in Verbindung mit den drohenden Zöllen zu einem bullishen Umfeld für den US-Dollar gegenüber ausländischen Währungen (Zölle würden die US-Nachfrage nach ausländischen Importen verringern, sodass auch die zur Bezahlung dieser Importe benötigte Fremdwährung weniger gefragt wäre, was den Wert des Dollars bei ansonsten gleichen Bedingungen erhöht).

Rohstoffe: Der Ölpreis konnte nach einem Rückgang von -9% im September etwas Boden gutmachen. Die OPEC+ verschob die Ausweitung ihrer Fördermengen und die USA kauften Öl, um die strategische Ölreserve aufzufüllen. Mittelfristig rechnen wir angesichts der wahrscheinlichen Anreize für eine Produktionssteigerung mit einer schwierigen Preisentwicklung. Auch Energieaktien begeistern uns wenig.

Gold, das im Laufe des Jahres mehrere Allzeithochs verzeichnet hat, gab derweil nach. Dies war vermutlich auf die Outperformance des US-Dollars zurückzuführen, da das Edelmetall in Fremdwährungen besser abschnitt.

Krypto: Bitcoin sprang auf Allzeithochs und liegt jetzt bei über 80.000 US-Dollar. Die Märkte reagierten euphorisch auf die potenzielle Deregulierung und die möglicherweise zunehmende institutionelle Akzeptanz. So ergab sich ein Wochengewinn von +15%.

Es mag Ihnen entgangen sein, aber die US-Notenbank und die Bank of England haben letzte Woche ebenfalls getagt. Die wichtigste Erkenntnis: Der Lockerungszyklus wird in beiden Regionen fortgesetzt, jedoch sind sich die politischen Entscheidungsträger der Risiken bewusst. Im Folgenden gehen wir näher darauf ein, was der jüngste Schritt der Fed für Sie bedeuten könnte.

Zur US-Notenbank: Wir sind der Meinung, dass die Fed und die Unternehmensgewinne für die Renditen finanzieller Vermögenswerte von größerer Bedeutung sind als die Politik, auch wenn sie in den Medien von der Wahl überschattet wurden. Der Vorsitzende der US-Notenbank, Jerome Powell, scheint der gleichen Ansicht zu sein: Er erklärte, die Wahl werde „keine Auswirkungen“ auf die geldpolitischen Entscheidungen der nächsten Zeit haben. Auf der jüngsten Sitzung der Fed ereignete sich Folgendes:

Die Fed senkte ihre Zielspanne für den Leitzins wie allgemein erwartet um 25 Basispunkte auf 4,5% bis 4,75%. Der Zinsschritt von 25 Basispunkten wurde von den Mitgliedern einstimmig beschlossen, nachdem im September eine Senkung um 50 Basispunkte vorgenommen wurde.

Der Vorsitzende Powell teilte mit, dass die Risiken für das Mandat der Fed (Vollbeschäftigung und Preisstabilität) „ungefähr im Gleichgewicht“ seien. Durch die Anpassung der Leitzinsen sollte es der Wirtschaft außerdem gelingen, den robusten Arbeitsmarkt aufrechtzuerhalten und bei der Inflation weitere Fortschritte zu erzielen. Powell sagte, im Laufe der Zeit werde sich der geldpolitische Pfad nach unten in Richtung „neutral“ bewegen, wobei die Geschwindigkeit und das endgültige Zinsniveau noch zu bestimmen seien.

Powell hat „ein gutes Gefühl hinsichtlich der Wirtschaftstätigkeit“ und betrachtet die Geldpolitik trotz der Zinssenkungen als restriktiv. Der zuletzt überhitzte Arbeitsmarkt hat sich mittlerweile deutlich abgekühlt. Die Inflation ist weitaus niedriger als vor zwei Jahren und befindet sich auf einem nachhaltigen Abwärtstrend. Die jüngste Zinsentscheidung ist lediglich ein weiterer Schritt zur Sicherstellung einer Soft Landing.

Wir gehen davon aus, dass die Fed ihre Geldpolitik weiter lockern wird, um sich dem neutralen Zinsniveau anzunähern. Die Derivatemärkte rechnen bis Mitte nächsten Jahres mit insgesamt drei Zinssenkungen der Fed und sehen die Wahrscheinlichkeit eines vierten Zinsschritts bei 65%.

Was bedeutet das für Investoren?

Liquidität bringt in den USA und Großbritannien bereits weniger Rendite als noch vor einer Woche und wird in den kommenden Monaten wahrscheinlich immer weniger Ertrag abwerfen. Für Anleger kann es sinnvoll sein, die Portfolios auf ihre strategisch neutrale Durationsposition auszurichten. Kernanleihen können in einer langfristigen Allokation immer noch für Diversifizierung und defensive Eigenschaften sorgen.

Darüber hinaus stellt eine Soft Landing (unser Basisszenario) ein Umfeld dar, in dem sich Aktien bisher gut entwickelt haben. Wir sind der Meinung, dass dies auch in diesem Zyklus weiterhin der Fall sein kann. Wir bevorzugen US-Aktien gegenüber dem Rest der Welt und sehen Chancen in den Bereichen Industrie, Versorger, Technologie und Finanzen.

Für Anleger, die wegen der Inflation besorgt sind, sehen wir strukturelle Anlagechancen im Infrastrukturbereich. Infrastruktur mit inflationsabsichernden Eigenschaften kann sich bei einer leicht erhöhten Inflation positiv auf die Renditen auswirken. In Verbindung mit dem größeren Energiebedarf für den Ausbau künstlicher Intelligenz (schätzungsweise 2% zusätzlicher Strom pro Jahr im nächsten Jahrzehnt) bieten sich entsprechende Chancen in den Bereichen Stromerzeugung und -verteilung sowie digitale Infrastruktur.

Wenn Sie Fragen haben, wie Sie Ihr Portfolio auf Ihre Ziele ausrichten können, wenden Sie sich bitte an Ihr Team bei J.P. Morgan.